Nun also Pferdefleisch

Pferd statt Rind? Hauptsache billig! © chany167 - Fotolia.com
Pferd statt Rind? Hauptsache billig!
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Es ist nicht der erste Fleischskandal, den ich in meinem 3 ½ Jahrzehnte dauernden Leben mitbekomme. BSE war groß. Ich war noch in der Schule und wir besprachen im Biologieunterricht, was man damals zu BSE, Prionen und Creutzfeld-Jakob-Krankheit wusste und wie man sich schützen könne. Vor allem – so kamen wir zu dem Schluss – müsste der Fleischkonsum, in diesem Fall besonders der Rindfleischkonsum, deutlich reduziert werden, man soll ja eh nicht so viel Fleisch essen. 2005 gab es den Gammelfleischskandal, weil abgelaufenes und nicht für den Verzehr geeignetes Fleisch in Umlauf gebracht wurde. Was kann man tun? Weniger Fleisch essen wäre eine Möglichkeit. Nur ein Jahr später gab es den Skandal um mehrere Jahre altes Dönerfleisch, ein weiteres Jahr später einen Fall von Umetikettierung im großen Stil. Daneben gab es noch die Vogel- und die Schweinegrippe, letztes Jahr den Skandal um Haltungs- und Schlachtbedingungen bei dem Geflügelproduzenten (ein absurdes Wort) Wiesenhof.

Nun also Pferdefleisch. Die Empörung ist – wie immer bei solchen Enthüllungen – riesengroß. Bürger und Politiker erregen sich über mangelnde Kontrollen und über die skrupellosen Hersteller. Alle schlagen die Hände über dem Kopf zusammen und sind entrüstet. Die Kritik ist sicherlich in Teilen berechtigt, doch muss man doch ehrlicherweise sagen, dass sich der Markt am Kunden orientiert! Nochmal: der Markt orientiert sich am Kunden! Ein zentrales Prinzip der Marktwirtschaft – Angebot und Nachfrage. Natürlich möchte niemand ungefragt, Pferde-, Gammel-, oder seit Jahren abgelaufenes Fleisch haben, doch der Kunde möchte vor allem billig und viel. In kaum einem europäischen Land geben die Menschen so wenig Geld für Lebensmittel aus, wie in Deutschland.

Anteil der Ausgaben für Nahrungsmittel in Deutschland bis 2011

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Und von diesem wenigen Geld entfällt ein Viertel auf Fleisch! (Quelle) Das liegt aber nicht daran, dass so hochwertiges, gutes und damit teureres Biofleisch gekauft wird. Wenn man sich den Fleischkonsum ansieht, erkennt man, dass es die Menge ausmacht: Die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung liegt für den Fleischkonsum bei 300 bis 600 Gramm pro Woche. Tatsächlich verzehren wir pro Kopf und Woche im Schnitt 1,5 Kilogramm!

Fleischkonsum zwischen 1961 und 2002
Fleischkonsum zwischen 1961 und 2002
Grafik: Leo Koppelkamm (http://leo-koppelkamm.de)

Damit wir die ganzen Tiere, die so eifrig verspeist werden, satt bekommen, importieren wir riesige Mengen an Futtermitteln – vor allem gentechnisch veränderte Sojaprodukte aus Südamerika. Aber gentechnisch verändertes Essen wollen wir doch auch nicht! Und nebenbei fördert diese Entwicklung auch noch die Entwaldung, die Nahrungsmittelknappheit in anderen Teilen der Welt und den Klimawandel. Den Böden in den Futtermittelproduzierenden Ländern entziehen wir große Mengen an Nährstoffen. Dafür haben wir hier bei uns im Anschluss einen Überschuss an Fleisch produziert, den wir nicht brauchen und wiederum irgendwo hin exportieren.

Es gibt einen Weg aus diesem Teufelskreis, der auf der ganzen Welt großen Schaden anrichtet. Aber er erfordert ein Umdenken von jedem einzelnen von uns.

WIR MÜSSEN WENIGER FLEISCH ESSEN!

Und dieses wenige Fleisch sollte gut sein. Wir müssen es beim Metzger unseres Vertrauens kaufen. Dazu essen wir frische Lebensmittel, die man einfach und schnell zubereiten kann, und keine Fertigprodukte, in denen alles verwurschtet werden kann. Ergänzt wird diese Strategie zwingend dadurch, dass wir regionale Produkte kaufen und vor allem saisonal einkaufen. Wir brauchen weder im Sommer Lebensmittel, die um die halbe Welt geflogen oder verschifft werden müssen. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber diese Produkte sollten dann als Genussmittel eingesetzt werden – hin und wieder und mit einem Empfinden für die Besonderheit. So wie Fleischessen auch wieder etwas Besonderes werden sollte.

Das Thema hat noch zahlreiche weitere Aspekte, die hier gar nicht angesprochen werden: die CO2-Emissionen, den immensen Wasserverbrauch durch Futtermittelproduktion und Tierhaltung und der Verödung der Flächen durch die Monokultur. Es scheint ein uferloses Unterfangen zu sein, an diesen Kreisläufen etwas ändern zu wollen. Doch – wie bereits gesagt: Der Markt orientiert sich am Kunden. Wir haben die Macht. Und wir sollten sie endlich nutzen.

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