Wenn ich das Licht ausschalte, ist es dunkel. Das Licht geht nicht von selbst wieder an, nein, es bleibt so lange aus, bis ich den Schalter wieder betätige. Auch Gene können an- und ausgeschaltet werden. Verschiedene komplexe Mechanismen regulieren das in unserem Körper unentwegt: brauchen wir Insulin, wird das zuständige Gen angeschaltet, das Hormon kann gebildet werden. Ist der Blutzuckerspiegel wieder normal, wird das Gen wieder ausgeschaltet. Vereinfacht gesagt natürlich.
Gleiches Gen, unterschiedliche Mutation
Nun scheint es aber auch Gene zu geben, bei denen „aus“ nicht gleich „aus“ bedeutet. Wissenschaftler des HelmholtzZentrums München haben zwei Mausmutanten untersucht, die beide eine Mutation in einem bestimmten Gen, dem Enamelin-Gen, tragen. Der Unterschied ist: die Mutation sitzt an unterschiedlicher Position im Gen. Die Wissenschaftler gehen weiter davon aus, dass aufgrund der Veränderungen kein funktionsfähiges Genprodukt, also ein Protein gebildet werden kann. Nun möchte man meinen, wenn bei beiden das Gen ausgeschaltet ist, müssten die beiden Mäuse auch die gleichen Merkmale, den gleichen Phänotyp, zeigen, den „aus“ ist „aus“.
So ist es aber nicht… beide Mausmutanten haben einen sichtbaren Defekt am Zahnschmelz – allerdings sehen die Zähne unterschiedlich aus. Bei der Bestimmung verschiedener Blutwerte zeigte die eine Mutante normale Werte, also Werte, wie sie auch gesunde Mäuse in der Kontrollgruppe aufweisen. Die andere Mutante hingegen hatte deutlich veränderte Werte. Bei anderen Untersuchungen verhielten sich die beiden Mutanten jedoch gleich. Sie zeigten beide ähnliche Werte, die sich zudem von den Werten der gesunden Vergleichstiere unterschieden.
Wie vergleichbar sind Ergebnisse genetischer Untersuchungen?
Woher kommen also diese Unterschiede? Wieso sehen die Zähne unterschiedlich aus, wenn doch das gleiche Gen betroffen ist? Und welche Folgen hat das für die Vergleichbarkeit von Daten aus unterschiedlichen Forschungseinrichtungen beispielsweise? Wie werden Aussagekraft und Übertragbarkeit auf menschliche Erkrankungsbilder beeinflusst?
Die gute Nachricht ist, dass selbst so feine Unterschiede, wie in diesem Fall in den Blutparametern, verlässlich gemessen und damit erkannt werden können. Das ist die Grundlage für weitere Forschung und auch für das grundlegende Verständnis von Genfunktionen und den Wechselwirkungen von Genen. Die traurige Nachricht ist aber, dass keiner genau sagen kann, woher die Unterschiede stammen. Damit bleibt es auch immer ein wenig Glückspiel, ob sich Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, oder eben nicht.
Quelle: Does enamelin have pleiotropic effects on organs other than teeth? Lessons from a phenotyping screen of two enamelin-mutant mouse lines”, Fuchs et al., Eur J Oral Sci 2012, 120: 269-277